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Stoppen wir die
Motoren-Egomanen
Ich gehe durch die Bärengasse heimwärts, da geschieht es: Etwa
sieben Motorradfahrer mit ganz schwerem Gefährt rollen in die Altstadt ein. Wegen
Rückstaus müssen die Motorräder kurz Schritttempo fahren – einige nervt’s, sie kuppeln
aus und geben Vollgas. Ein unglaublich lautes Hämmern erfüllt die Gassen. Ein
betagtes Paar flüchtet völlig verdattert in die Bärengasse.
Leider kein Einzelfall: Wir sind zunehmend umgeben von
Männern, die ihren Auto- oder Töffmotor jederzeit und überall brüllen,
aufheulen, knallen – kurz: möglichst laut lärmen lassen. Motoren-Egomanen nenne
ich sie mittlerweile nur noch: Ein rücksichtsloses, gar nicht so kleines
Völkchen. Ich wohne am Bahnhofkreisel und kann beobachten was da abgeht: Die
meisten Motorradfahrer und der überragende Teil der Autofahrer fahren
hochanständig durch den Kreisel: Angepasste Geschwindigkeit, ausser Rauschen
ist bei Autos, die sanft beschleunigen wenig zu hören, und auch bei vielen Motorrädern
geht’s mit dem richtigen Fahrstil einigermassen. Aber dann gibt’s diese grosse
Minderheit, deren Anfahrt man oft schon auf Hunderte Meter deutlich hört: Sie starten
nach jeder Kreuzung, als wären sie in einem Autorennen: möglichst laut, rücksichtslos,
selbstverliebt.
Wir haben in der Schweiz ein massives Lärmproblem:
Hunderttausende leben mit Strassenlärm über den Grenzwerten der
Lärmschutzverordnung, auch Hunderte von Steiner/innen an unseren
Kantonsstrassen. Gemäss BAFU betrugen die wirtschaftlichen Kosten des
Verkehrslärms im Jahr 2016 in der Schweiz 2667 Millionen Franken! Auf Stein am
Rhein heruntergebrochen sind dies jährlich wiederkehrende Lärmkosten von über 1
Mio. Franken: Gesundheitskosten: 600'000 Fr., Wertverminderung von Liegenschaften:
490'000 Fr.
Dabei nutzen manche Poser legale Absurditäten wie spezielle Auspuffklappen:
«Mehr Sound für Rennwagen-Feeling: …erhalten sie … einen lauten,
selbstbewussten, markanten und maskulinen Sound.» - so tönt es im Internet,
auch bei einer Steiner Firma. Ein miserabler Witz, dass solche Lärmanlagen
legal sind.
Das Fahrverhalten ist aber oft illegal. Und hier geht es nicht
um einfache Bussen, sondern um einen Straftatbestand nach Art. 33 der Verkehrsregelnverordnung,
Vermeidung von Lärm: Hohe Drehzahlen des Motors wie auch zu schnelles
Beschleunigen sind Übertretungen, die eigentlich zu einer Anzeige an die
Staatsanwaltschaft führen – nur ist die Beweislage für die Polizei oft
schwierig.
Folge: Eine kleine Minderheit sucht fast immer ungehindert Aufmerksamkeit
und verschafft sich durch illegalen Lärm Befriedigung auf Kosten von
Lebensqualität, Gesundheit und Vermögen vieler Steiner*innen. Aus meiner Sicht
ist Lärm der Hauptfaktor bei der Beeinträchtigung der Lebensqualität vieler
Steiner*innen. Auch bei einzelnen Betrieben in Vorderbrugg gibt es hier Handlungsbedarf.
Leider wurde meine Interpellation zum Verkehrslärm letztes
Jahr vom zuständigen Stadtrat nur oberflächlich beantwortet. Dies sei «kein
Steiner Thema». Und ob es das ist! Und es gibt lokale Handlungsmöglichkeiten: Polizeiliche
Kontrollen, Lärmanzeigegeräte, Temporeduktionen auf belasteten Abschnitten. - Wir
von der SP werden am Thema Lärm dranbleiben, zum Beispiel mit einer Volksmotion.
Auch schweizerisch ist die SP aktiv: Entwicklung von «Lärmblitzern», aber auch Förderung
der Elektromobilität.
Gerne dürfen Sie mit uns Kontakt aufnehmen, wenn Sie sich zum
Thema engagieren möchten: mvetterli@gmx.net.
Scheuen Sie sich auch nicht, Ihre Beobachtungen der zuständigen Kantonspolizei in
Stein mitzuteilen, wenn auch Sie betroffen sind. Sie ist froh um konkrete Hinweise,
gerade auf Fahrer, die regelmässig negativ auffallen. Die Egomanen müssen merken,
dass sie nicht in einem rechtsfreien Raum leben.
Markus Vetterli, 29. Oktober 2020
Steiner Anzeiger: 2020-11-03 Stoppen wir die Motoren-Egomanen