• WINDKRAFT •
Sachliche Auseinandersetzung mit dem Potential der Windkraft...
Der vom Kantonsrat kürzlich verabschiedete Richtplan zur Windenergie lässt die Emotionen hoch gehen. Das ist auch nachvollziehbar, da es bei Abwägungen von Vor- und Nachteilen immer zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen kann. Umso wichtiger, dass wir diese Abwägungen aufgrund klarer Fakten vornehmen.
Im vergangenen Jahr haben wir dem eidgenössischen Energiegesetz zugestimmt und damit auch den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Dieser verlorengehende Energieträger soll durch regional produzierte erneuerbare Energie ersetzt werden.
Das ist kein Wunschkonzert, sondern die Kantone sind verpflichtet, diese Vorgaben umzusetzen.
Die Regierung liess die technischen Möglichkeiten sorgfältig evaluieren und hat eine politische Abwägung vorgenommen. Die daraus resultierende kantonale Energiestrategie baut auf den folgenden Eckdaten auf:
Der jährliche Stromverbrauch im Kanton Schaffhausen beträgt momentan etwa 500 GWh.
Davon werden mit den bestehenden Wasserkraftwerken etwa 208 GWh produziert.
Wir müssen also rund 290 GWh ersetzen, wovon für etwa 80 GWh ausserkantonal Strom bezogen werden müsste und für 209 GWh folgendes Potential errechnet wurde:
· Solarstrom 100 GWh (stand heute gut 15 GWh)
· Windenergie 53 GWh
· Geothermie 26 GWh
· Biomasse 25 GWh (stand heute gut 8 GWh)
· Wasser 5 GWh (Ausbau bestehender Anlagen)
Wir können auf keinen dieser Pfeiler verzichten und es besteht kaum Verlagerungspotential. Vor allem müssen wir einen differenzierten Strommix anstreben, der die Stromproduktion bei Tag und Nacht sowie im Sommer und Winter möglichst gleichmässig ermöglicht. Eine überproportionale Solarstromproduktion könnte andere Energieträger nicht ersetzen!
Das Potential der Windenergie von 53 GWh (2 Standorte Randen + Chroobach) stellen 25% der gesamten Energie, die wir zubauen müssen, dar.
Die Windkraftanlage Chroobach soll gemäss Projektstand ein Potential von mindestens 22 GWh haben und würde damit alleine mehr als 10% zum angestrebten Ziel beitragen. Also ein essentieller Beitrag.
Fundamentalopposition gegenüber der Windenergie ist in diesem Kontext nicht zielführend und verlangt nach konkreten Kompensationsmassnahmen, die zum ersten realistisch und zum zweiten mehrheitsfähig sind.
Wenn wir die Windenergie nicht nutzen könnten, würde der Druck auf die Wasserkraft zwangsläufig erhöht. Ohne die 53 GWh der Windenergie müsste zwingend das Wasserkraftwerk am Rheinfall, mit einem geschätztem Energiepotential von 60 GWh, gebaut werden. Ich erinnere aber daran, dass das Volk vor 4 ½ Jahren mit 58.7% Nein zum Wasserwirtschaftsgesetz und damit auch deutlich Nein zu diesem Rheinfallkraftwerk gesagt hat. Umweltschutzverbände und der Fischereiverband, organisierten damals eine starke Kampagne gegen diese Pläne.
Der Höherstau des Rheins bringt etwa 2-5 GWh, was die Windkraft nicht einmal ansatzweise kompensieren könnte.
Selbstverständlich kann ich die Bedenken gegen das Windkraftwerk Chroobach verstehen. Die Sichtbarkeit dieser Anlage beeinträchtigt das Landschaftsbild dieser Region massgeblich und es fällt mir als Bewohner dieser Region auch nicht leicht, das zu akzeptieren. Gleichzeitig fällt es mir aber schwer, mit dem Finger reflexartig auf andere zu zeigen und von denen zu verlangen, die Nachteile einer solchen Anlage zu tragen. Nach dem Motto: «Ich bin ja eigentlich schon für erneuerbare Energie und auch für Windenergie als solches, aber bitte nicht bei uns!»
Alle Arten der Stromproduktion bergen Risiken und haben Nachteile und es wird keine Entscheidungen geben, die nur Vorteile und keine Nachteile haben.
Im Bewusstsein dessen bin ich zum Schluss gekommen, dem Projekt Chroobach eine faire Chance zu geben und mich auf eine konstruktive Diskussion über die Weiterentwicklung des Projektes einzulassen. Ich bin nicht für Windräder sondern für die Energiewende. Ich finde Windräder auch nicht schön sondern notwendig.
Stein am Rhein, 04.01.2019, Andreas Frei
Leserbrief zu Hugo E. Götz: «Windräder – Strom? Ein besorgter Bürger von Hemishofen», Leserbrief vom 20.7.2022
Aus einem Referat von Hugo E. Götz (zitiert nach den SN vom vom 6.4.2000):
«Ein chinesischer Weiser soll einmal gesagt haben, der Wind des Wandels lasse die einen Mauern bauen, die andern Windflügel erstellen. Mit dem Mauerbau gibt es allerdings auf die Dauer kein Weiterkommen. Also sollte man besser den Schwung des Windes ausnützen, sich schulen und weiterbilden.»
Dass sich Herr Götz heute allerdings als Mauerbauer versteht gegen die Windflügel in unserer Region, wird schon zu Beginn seines Leserbriefes von 2022 klar: Windenergie sei nur ein nutzloser Tropfen gegen den Energiedurst. Danach folgt eine fragwürdige Milchbüchleinrechnung zur Physik.
Die Realität zur Windenergie hier sieht ziemlich anders aus:
Der Windpark Verenafohren (www.verenafohren.de) im Hegau läuft nun seit 4 Jahren und produzierte dabei mit seinen 3 Turbinen zuverlässig im Schnitt etwa 19 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr (das ist übrigens ziemlich genau der doppelte Jahresnutzungsgrad einer Solarstromanlage bei uns!). Er versorgt auf 76 ha Fläche damit etwa 20'000 Menschen mit Strom. Für die Nahrung dieser 20'000 Menschen benötigen wir weit grössere Flächen! Dabei schwächelt der Wind regelmässig von Juni bis August, gibt aber im Winter Schub, wenn’s mit dem Sonnenstrom hapert: Mit den monatlich je 2.3 bis 2.7. Millionen kWh Winterstrom, die Verenafohren von Dezember bis März durchschnittlich liefert, können 4000 mittelprächtig isolierte Einfamilienhäuser über Luftwärmepumpe direkt beheizt werden! Das ist ein absolut namhafter Beitrag zur Lösung der Klima- und Energiekrise! Kommt dazu, dass die Windturbinen in den letzten Jahren wieder grosse Fortschritte gemacht haben und die Erträge auf Chroobach und Seerücken nochmals markant höher wären.
Angesichts der heutigen Lage frage ich mich, worum sich der «besorgte Bürger» Hugo E. Götz genau sorgt. Um die Hitzetoten? Um die Aeschen und Forellen im Rhein? Dass der Rhein nun schon das ganze Jahr rekordtief daherkommt und dies wohl noch verschärft zum Normalzustand zu werden droht, auch in Hemishofen? Dass schon wieder starke Waldbrandgefahr herrscht und man – wenn’s schlecht läuft – oberhalb Hemishofen oder Frauenfeld schon bald schwarze Baumgerippe statt des bewaldeten Wolkensteinerbergs sehen könnte? Dass danach eine Art Mittelmeermacchia unseren Zukunftswald bilden könnte? Dass im Sommer 2018 alle Jungeichen im Sankert abstarben? - Nein, er sorgt sich nicht über die allgegenwärtigen Folgen des Klimawandels bei uns , sondern über eine der saubersten Alternativtechnologien, um diesen zu bekämpfen: Windturbinen. Dass sie einige Dutzend Hektaren Wald kosten. Dass sie – wie jeder Kraftwerkstyp – Kupfer, etc. benötigen….
Dass sich die Turbinen in unserer Region in 20 Jahren locker amortisieren, hätte der versierte Ökonom Götz mit den öffentlichen Daten von Verenafohren problemlos berechnen können – man muss es aber wollen…
Ja, wir müssen den Landschaftsschutz ernst nehmen - von den Gletschern bis zu unseren Wäldern und Flüssen! Indem wir sehr entschieden unser Klima und damit unsere Lebensräume schützen! Das geht nicht unsichtbar, egal ob Solar, Wind, Biogas oder Geothermie… – eine Windturbine mit einer Lebensdauer von 20 Jahren ist ein absolut nachhaltiger Beitrag: Sie erwirtschaftet im Verlauf ihres Lebens das zehn- bis zwanzigfache ihrer grauen Energie, und kann danach im Gegensatz zu einem AKW einfach teils wiederverwendet, verwertet, recycelt und ersetzt werden! Viele der von H.E.Götz genannten Probleme sind entweder Scheinprobleme (Infraschall) oder gut lösbar (Vogelschutz). Um Verenafohren sind die Turbinen kaum ein Thema und gehören längst dazu – das wäre an den neuen Standorten auch nicht anders.
Stein am Rhein, 20. Juli 2022, Markus Vetterli
Gegenwind Chroobach – Unsachlichkeit als Prinzip...
„Aberwitzig“ – „Monster“ – „unsere Natur vernichten“ – „manipulierte Gutachten“ – „Verschandelung“ – „völlig entglitten“: Einmal mehr beliefert uns Gegenwind Chroobach mit einem Flugblatt, wo man meinen könnte, es gehe um den Untergang unserer Region, vorangetrieben durch irgendwelche manipulativen Akteure – und nicht um den Bau von vier Windturbinen unter Ägide unserer kantonalen Instanzen.
Die Argumente enthalten auch diesmal wieder grobe Fehler: Unsere Region ist mitnichten zu 58% mit erneuerbaren Energien versorgt: Dies gilt nur für den Strom (nur 25% unserer Energie). Zwei Drittel unserer Gesamtenergie kommt aus Erdöl (das bald ausgehen wird!) und Erdgas – es ist eine gigantische Aufgabe, diese Fossilen innert Jahrzehnten zu ersetzen und weitere Klimaveränderungen einigermassen in Schach zu halten. Wer sich dafür interessiert, wie dies in wenigen Jahrzehnten gelingen kann, dem empfehle ich das sehr fundierte und lesbare Buch des Unternehmers und Bauernsohn Anton Gunzinger: „Kraftwerk Schweiz“: Er zeigt detailliert, dass der Verbund von Energieeffizienz und E-Produktion aus Wasser, Sonne, Wind und Biomasse mit unseren Speicherseen als Ausgleich und intelligenter Netzregulierung dies leisten kann. - Wind ist dabei ein zentraler Baustein für den Winter! Und eine Windturbine holt auch hierzulande ihre gesamte Produktionsenergie in nur einem Jahr wieder herein. Ab dann ist sie CO2-neutraler Nettoproduzent (auch da stehen im Flugblatt Ammenmärchen).
Kennen Sie die Bilder aus dem durch die Erdölförderung europäischer Multis weitläufig zerstörten Nigerdelta in Afrika, wo Landwirte auf vergifteten Böden arbeiten, abertausende Menschen schwer husten und sterben? Oder die gigantische Zerstörung weiter kanadischer Waldgebiete: Der Ölsandabbau erfolgt in einem Gebiet von 150‘000 km2: fast viermal die Schweiz! Nur zwei von vielen Beispielen, was Öl auf diesem Planeten anrichtet – Wer solche Bilder im Internet gesucht hat, weiss: Wenn die Gegenwind-Leute schreiben, es müssten sich dann „rund 80‘000 Anwohner täglich mit den Windturbinen auseinandersetzen“ (müssen sie das??), so handelt es sich um ein im Vergleich fast absurdes Luxusproblem von uns verwöhnten Mitteleuropäern: Die Turbinen sind ungiftig, leise, emissionsfrei. Aber sie müssen gross sein, weil hoch oben viel regelmässigere und stärkere Winde wehen!
Ich möchte die Windenergie-Gegner fragen: Sind wir uns einig, dass unsere Kinder wissen sollen, woher die Milch kommt? Und warum sollten sie und wir alle nicht sehen dürfen, woher unsere eigene Energie kommt? Warum nutzen wir weitläufige Flächen für unsere Nahrung, und unsere Energie darf nach Ihnen nicht mal an wenigen geeigneten und abgelegenen Orten produziert werden?
Wer mit etwas Distanz sachlich abwägt, wird merken: Wir sollten nicht eine saubere Technologie verteufeln, nur weil sie gross daher kommt. Wir haben in Schaffhausen auch kein Minidämmli gebaut, sondern den Rhein bis über Diessenhofen hinaus gestaut, damit es sich lohnt – die gleiche Überlegung gilt für Wind. Und wir sollten diese Diskussion nicht den Scharfmachern überlassen – in diesem Sinn vielen Dank für die vielen positiven Reaktionen auf meinen letzten Leserbrief zur Windenergie!
Markus Vetterli, Einwohnerrat Stein am Rhein, Oktober 2017
Windturbinen in unserer Region...
Es ist interessant zu verfolgen, woher die – wenigen - empörten Leserbriefe zum Windpark Verenafohren kommen: kein einziger aus Merishausen oder Büttenhardt, Stetten oder Lohn! Es sind vorallem Männer aus der Region Stein, die mit vorallem ästhetischer, teils naturschützerischer Argumentation Stimmung gegen das Projekt Chroobach machen wollen.
Kann es sein, dass viele Bewohner des Oberen Reiat bereits gelassen mit den Turbinen leben und diese sogar interessant finden?
Kürzlich konnte ich mich beim grössten Windpark der Schweiz auf dem Mont Soleil kundig machen über die Akzeptanz bei der lokalen Bevölkerung: Diese ist insgesamt hervorragend. Es entstanden sogar zusätzlich Arbeitsplätze, denn die Führungen zu Wind- und Solarenergie sind oft ausgebucht, der Besuchertourismus boomt: Biker und Wanderer beobachten fasziniert das Drehen der grossen Rotoren. Auch unsere Gruppe war beeindruckt. Die Windräder rauschten bei mittlerem Wind sogar auf 50m Abstand nur leise und angenehm: Nicht mehr das scharfe Zischen der alten Rotortypen - da hat man massiv dazugelernt. Die grasenden Kühe direkt darunter wirkten völlig entspannt. Der Jet im Landeanflug 6-8000 m über uns übertönte die Turbine deutlich. Danach dominierte ein Traktor in etwa 200m Abstand die Geräuschkulisse deutlich.
Der Blick geht hinüber zum benachbarten Chasseral – dort steht auf der landschaftlich geschützten Krete ein Sendeturm von 114 m Höhe, unförmig und rostig. Man könnte ihn abbrechen, doch breite Kreise wollen „das Wahrzeichen des Chasserals“ erhalten: Es dient ihnen offenbar zur Orientierung und Erkennbarkeit. Was länger steht, wird uns oft lieb, nicht nur Burgen. - Ich stelle bei mir fest: Dank den Turbinen auf Verenafohren hat unsere Landschaft einen zusätzlichen, interessanten Orientierungspunkt bekommen, der mich noch nie gestört hat.
Und zu den Vögeln: Wir haben in der Schweiz etwa 1 Million frei streunende Katzen. Diese erjagen gemäss Untersuchungen zusammen mehrere Millionen Vögel pro Jahr, vor allem Jungvögel. Zum Vergleich: Deutschlands etwa 30'000 Windturbinen töten pro Jahr etwa 100'000 Vögel. Wer Katzen hält, sollte besser nicht auf Windturbinen schiessen...
Was die Stromausbeute betrifft, werden wir nach einem Betriebswinter erste interessante Zahlen auf dem Tisch haben – dies wird die Diskussion versachlichen.
Und zum Schluss: Künftige Generationen wollen manche Schreiber schützen? Wissen diese, dass eine Windturbine in 1-2 Tagen abgebaut ist und die Entsorgungskonzepte schon recht fortgeschritten sind (Holcim: emissionsfreie Hochtemperaturverbrennung in der Zementherstellung), während uns mit einem Atomendlager in Benken eine potentiell tödliche Hypothek über Hunderte Generationen droht?
Markus Vetterli, September 2017
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