Medienmitteilung SP Stein am Rhein / Oberer Kantonsteil
Parteiversammlung Landtausch Erlenhof mit Unterwald vom 10. Dezember 2025
An der Parteiversammlung der SP Stein am Rhein vom 10. Dezember wurde engagiert über die kommunale Abstimmungsvorlage «Tauschgeschäft Erlenhof–Unterwald» debattiert. Zunächst wurde über die zugrundeliegende Landwirtschaftsstrategie diskutiert. Dabei wurde in mehreren Redebeiträgen die Grundlage der Strategie kritisiert, die voraussetzt, dass die Pachthöfe überhaupt verkauft werden sollen. Dem Verkauf wurden Modelle entgegen gestellt, wie sie der von der SP zugezogene und erfahrene Landwirtschaftsberater Martin Ott vorstellte. In den letzten ca. 20 Jahren hat an vielen Orten ein Umdenken stattgefunden und die öffentliche Hand habe aufgehört ihre Pachtgüter zu verkaufen, da diese neben der wichtigen landwirtschaftlichen Produkten auch Aufgaben im Bereich der Bildung, Soziales,
Integration und Inklusion erfüllen könnten. Die öffentliche Hand behalte so die Entscheidungshoheit über Land und Hof. Es gibt bereits mindestens 40 solcher Modellbetriebe in der Schweiz, zum Beispiel das erfolgreiche Gut Rheinau. Auf Basis einer GmbH führt dort eine Pächtergemeinschaft den Betrieb, während Land und Hof im Eigentum des Kantons Zürich verbleiben. Solche wirtschaftlichen Betriebe erlauben es den Gemeinden und Kantonen, die landwirtschaftlichen Betriebe be- und erhalten zu können, ohne die Steuerzahler zusätzlich zu belasten und zusätzlich Pachtzinsen zu erwirtschaften. Die SP wünscht vom Stadtrat solche Grundlagen und Modelle in seiner Strategie aufzunehmen. Die Diskussion über die zur Abstimmung stehenden Vorlage Tauschgeschäft Erlenhof-Unterwald des Stadtrates wurde kontrovers und kritisch geführt. Die Sicherung des Trinkwassers stand bei den Befürwortern zentral im Vordergrund. Dies vor allem im Hinblick auf die Sicherung und Nutzbarmachung der vorhandenen Quellen im Bereich des Erlenhofs. Stein am Rhein braucht zur Sicherung der Trinkwasserversorgung zusätzliche Ressourcen und dieses Geschäft bietet eine einmalige Chance, zusätzliches Quellwasser für die Versorgung zu sichern. Die Quellen im Gebiet Erlenhof erhöhen die verfügbare Trinkwassermenge um etwa 10% des Trinkwasserverbrauchs und diese kommen durch den Tausch in den Besitz der Stadt auf Steiner Boden. Die anfangs geschilderte, von der Versammlung geforderte, Revision der Landwirtschaftsstrategie würde durch den Erwerb des Erlenhofes nicht verhindert. Eine revidierte Gesamtstrategie ohne Landverkauf kann ohne Weiteres auf die verbleibenden Landwirtschaftsflächen und Höfe angewendet werden. Eine dem Tauschgeschäft gegenüber kritische Gruppe, die das Geschäft ablehnt, führte an, damit sei ein Nettoverlust von städtischem Land verbunden und die Landwirtschaftsstrategie, wie sie vom Stadtrat vorgelegt wird, sei dann mit dieser Ablehnung erledigt. Das Prinzip der SP habe immer gelautet, dass Land in öffentlicher Hand nicht verkauft werden solle. Nach intensiver Diskussion hat sich die SP für Stimmfreigabe entschieden, da beide Grundhaltungen, Besitz von Land in öffentlicher Hand zu behalten wie auch die Sicherung des Trinkwassers gewichtig sind. Die Stimmberechtigten können für sich abwägen und entscheiden, was sie höher gewichten.
SP Stein am Rhein/Oberer Kantonsteil
Presse:
Medienmitteilung SP: Parteiversammlung SP: Landtausch Erlenhof mit Unterwald vom 10. Dezember 2025
Steiner Anzeiger: 2025-12-16 Landtausch: SP beschliesst Stimmfreigabe
Schaffhauser Nachrichten: 2025-12-19 Als in vielen Steiner Haushalten eine braune Brühe aus dem Wasserhahn kam
Stadt Stein am Rhein: Leitbild Landwirtschaftsstrategie
Als in vielen Steiner Haushalten eine braune Brühe aus dem Wasserhahn kam
Die Wasserversorgung in Stein am Rhein war immer wieder Quelle von Konflikten – zwischen Gemeinwohl und privaten Interessen. Auch heute steht die Stadt erneut an einem Scheideweg: Am 18. Januar kommt es zum Urnengang. Stadtarchivar Roman Sigg blickt zurück.
Jurga Wüger
STEIN AM RHEIN. Im Mittelalter wurde die Wasserversorgung der Stadt Stein am Rhein wie an anderen Orten über ein System von Brunnen gewährleistet, die von Quellen in der Nähe der Stadt gespeist wurden. Die Quellen wurden gefasst und das Wasser über Holzleitungen– sogenannte Teucheln oder Tüüchel – zu den Brunnen geleitet. «Die Wasserqualität entsprach in der Regel nicht unseren heutigen Vorstellungen», sagt Steiner Stadtarchivar Roman Sigg. Das bedeutet, dass sauberes Wasser eher die Ausnahme war. Die Menschen konsumierten kaum reines Wasser, sondern vermischten es häufig
mit Wein, um es trinkbar zu machen. Ende des 19. Jahrhunderts tauchte auch in Stein am Rhein die Forderung nach einer modernen Hochdruckwasserversorgung auf. Diese sollte nicht nur die Brunnen in der Stadt zuverlässig mit Wasser versorgen, sondern auch das notwendige Wasser für die Feuerwehr (Hydranten) und Werkstätten liefern, die einfache mechanische Anlagen (Wassermotoren) betrieben.
1880 reichte der Gewerbeverein Stein am Rhein eine entsprechende Forderung ein. Die Kosten waren jedoch hoch, sodass die Idee zunächst verworfen wurde.
Wünschelrutengänger aus Verzweiflung angeheuert
Ein gutes Jahrzehnt später war es jedoch so weit: 1889 konnten die ersten Quellen am Klingenhang gesichert werden. Es handelte sich um Quellen, die bisher die Wasserräder der Mühlenbesitzer antrieben. Als Gegenleistung verlangten die Mühlenbesitzer, dass die Gemeinde für sie einen Weiher zur Wasserspeicherung errichte – der Müliweiher wurde gebaut. Ab 1890 konnte der Betrieb der Steiner Wasserversorgung mit den Quellen in Erlen und
im Falenberg aufgenommen werden. 1905 wurden zudem die Quellen in der Bleiki ins System integriert. «Bereits zwei Jahrzehnte später zeigte sich, dass die geförderte Wassermenge nicht dem Bedarf entsprach», weiss Roman Sigg. Immer wieder mussten Aufrufe zum Wassersparen erlassen werden, und es kam sogar zu Sperrzeiten, in denen die Wasserversorgung unterbrochen wurde. Dringend mussten neue Wasserquellen erschlossen werden. In den 1920er- Jahren wurde aus Verzweiflung ein Wünschelrutengänger angeheuert – leider erwiesen sich die von ihm angegebenen Stellen als unergiebig, und der
Stadt entstand ein finanzieller Schaden. Weniger ergiebig als ursprünglich gedacht Zunächst konnten die Rechte an der Quelle Himmelreich in Öhningen von zwei Steiner Mühlenbesitzern übernommen
werden. Dabei musste die Stadt im Umgang mit Rechtsansprüchen im Ausland Lehrgeld zahlen und den deutschen Bürokratismus hautnah erleben. Karlsruhe und Berlin sowie Bern und Schaffhausen mussten sich mit dem Quellerwerb beschäftigen. Nach Verzögerungen konnte die Quelle im Mai 1926 ans Steiner Netz angeschlossen werden – sie war jedoch weniger ergiebig als ursprünglich gedacht.
Zwischenzeitlich suchte man in einem alten Rheinbett nach einem Grundwasserstrom auf Steiner Boden. Drei Bohrversuche blieben enttäuschend. Schlussendlich konnte Stein am Rhein Land im Pfütziacker in Etzwilen erwerben und dort ein Grundwasserpumpwerk errichten. Dieses sichert bis heute einen Grossteil des Trinkwassers für die Bevölkerung. «Allerdings wurde das Grundwasser stets etwas misstrauisch betrachtet, man hätte Quellwasser bevorzugt», sagt Roman Sigg.
Die Probleme haben sich wieder verschärft
Dieses Misstrauen war nicht unbegründet, denn ab den 1980er-Jahren zeigten sich im Etzwiler Grundwasser diverse unerwünschte Stoffe. Mit den Pächtern direkt über der Grundwasserfassung wurden daher Nutzungsbeschränkungen vereinbart, die die Situation zeitweise verbesserten – die Probleme haben sich jedoch in den letzten 15 Jahren wieder verschärft. Dabei zeigte sich, dass die Probleme nicht durch die unmittelbare Bewirtschaftung über dem Grundwassersee entstehen, sondern dass das Wasser auf seinem Weg unerwünschte Stoffe aufnimmt. Um die Versorgung der wachsenden Bevölkerung zu sichern, wird seit Jahren nach neuen Trinkwasservorkommen gesucht. «Dieses Problem betrifft nicht nur Stein am Rhein, sondern alle Gemeinden im oberen Kantonsteil», so Sigg. Versuche wie die Wasserentnahme aus Uferfiltraten oder die Suche nach weiteren Quellen am Klingenberg führten nicht zum Erfolg. Dass die Wasserqualität plötzlich gefährdet sein kann, musste Stein am Rhein 1982 erfahren. Durch unsachgemässe Ausbringung von Jauche im Gebiet der Wasserfassungen wurde die Wasserversorgung schwer beeinträchtigt. Zwar waren damals noch keine Schutzzonen ausgewiesen, doch
im Grundbuch waren Nutzungsbeschränkungen vermerkt. Schon damals war klar, dass die Grossviehhaltung im Bereich der Wasserfassungen nur mit grossen Einschränkungen möglich wäre. Die «Schaffhauser Nachrichten» berichteten damals, dass der damalige Erlenhofbauer Hans Gamper überrascht war über die Konsequenzen seiner Handlung: Er hatte oberhalb des Erlen-Reservoirs rund 40 Kubikmeter Jauche ausgebracht, die im durchnässten Boden versickerte. Kurz darauf erschien in vielen Steiner Haushalten eine braune Brühe aus den Wasserhähnen.
Bauer und Fachleute kommen zu unterschiedlicher Einschätzung
Die Suche nach der Ursache erwies sich als schwierig. Gleich neben seinem Hof war eine Brunnenstube eingerichtet; direkt über ihr liess sein Sohn eine Ladung von etwa drei Kubikmetern Jauche
ab. Da die Brunnenstube, wie auch die Behörden damals festgestellt hatten, absolut dicht war, vermutete der Bauer, dass die Jauche durch eine undichte Stelle in der Leitung zum Reservoir Erlen ins Trinkwasser gelangt sei. Die Fachleute hingegen glaubten, dass die Gülle von den weiter entfernten Wiesen bei der «Bleichi» ins Trinkwasser gelangt war. Auch dort hatte Gamper Jauche ausfahren lassen. Von einem Jaucheverbot an seinen Abhängen habe Hans Gamper nichts gewusst, sagte er. Als der Hof an ihn übergegangen sei, habe ihn der Stadtschreiber «unter der Türe» auf gewisse Vorschriften und Rechte der Stadt aufmerksam gemacht. «Aber bis heute habe ich das nicht gewusst», sagte er damals gegenüber den «Schaffhauser Nachrichten».
Die Herausforderung ist nicht kleiner geworden
«Die Durchsetzung von Eigentumsbeschränkungen gegen private Eigentümer und deren Interessen war schon immer schwierig», weiss Roman Sigg. Die Frage der materiellen Entschädigung aufgrund von Einnahme- oder Wertverlusten von Landwirtschaftsland durch Schutzzonen von Trinkwasserfassungen hat das Bundesgericht bereits mehrfach beschäftigt. Eine der Empfehlungen aus der Rechtsprechung lautet, dass die Betreiber der Anlagen das Land in den engeren Schutzzonen selbst erwerben sollen, um Entschädigungs- und Nutzungskonflikten möglichst aus dem Weg zu gehen. «Die Herausforderung, qualitativ gutes Trinkwasser in ausreichender Menge zu beziehen, ist nicht kleiner geworden», sagt Roman Sigg. Aus dieser Sicht sei es eine Chance, wenn die Stadt Stein am Rhein nicht nur das Nutzungsrecht für die Quellen, sondern auch den Besitz des Landes sichern kann. Gemeint damit ist das erste Tauschgeschäft in der neuen Landwirtschaftsstrategie des privat geführten Erlenhofs mit sechs Quellen (100 Kubikmeter Wasser pro Tag) am Klingenhang in Stein am Rhein mit dem städtischen Hof Unterwald in Hemishofen. Der Urnengang dazu findet am 18. Januar 2026 statt.
Quelle: Schaffhauser Nachrichten vom 19. 12. 2025, Seite 21
Bild: Roberta Fele